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Schweizreise – mit historischen Eisenbahnen

Reisenotizen vom 8. bis 13. August 2015

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Furka-Dampfbahn – Foto Wikipedia

8. August. Wir stehen um 5 Uhr morgens auf. Um 6.30 Uhr holt uns der Zubringerbus ab. Alles ist düster und es schüttet. In Schwarmstedt erwartet uns der „richtige Bus“ der Firma Primo-Reisen. Ein kleines Frühstück in der Raststätte „Trackstop“ ist vorbereitet, dann geht die Fahrt weiter. Nördlich von Frankfurt wird der Himmel klar. Der Busfahrer spricht von über 34 Grad Hitze. Sträucher und Bäume am Straßenrand haben bereits vertrocknetes Laub. Nach 11 Stunden erreichen wir endlich das Hotel „Carat“ in Weil am Rhein. Ein riesiges Durchgangshotel, direkt an der Autobahn. Die meisten Gäste stammen aus Asien oder Russland. Neben uns sitzt ein Ehepaar aus Tschechien. Im Zimmer ist es stickig-heiß; die Klimaanlage funktioniert nicht.

9. August. Nach einem kurzen Frühstück geht es um 9.05 Uhr über die nahe Grenze in die Schweiz. Wir kommen über Basel nach Bern, wo eine Besichtigungspause eingelegt wird. Bern ist eine reizvolle Stadt an der Aareschleife mit alten Laubengängen, historischem Stadtkern, spätgotischem Münster, mit einem mittelalterlichen Uhrturm am Ende der Fußgängerzone und dem großen Bärengehege, das aber zur Zeit nicht bewohnt ist. Ein Strom von Touristen drängt sich über die steinerne Brücke. In einem kleinen Lauben-Restaurant zahlen wir für einen Teller homöopatisch dünner Kartoffelsuppe, einen Teller Ravioli, einem Gläschen Weißwein und einem kleinen Bier 44 SFR. Bern gehört zu den teuersten Städten der Welt.

Um 17 Uhr erreichen wir dann, über zahlreiche Serpentinen, Villars. Das Hotel liegt auf 1300 m Höhe in einem Feriengebiet für Wintersportler. Es ist jetzt neblig, kalt und man sieht keine Berge. Nach einem ausgezeichneten Abendessen sieht die Welt schon wieder etwas freundlicher aus. Wir bleiben für 3 Nächte in diesem Hotel Victoria. Von unserem Balkon aus sieht man später doch die Berge: eine Seilbahn führt auf eine der Waadtlände Alpenhöhen und auf der linken Seite ragt der mächtige schneebedeckte Gipfel des Montblanc auf. Aus dem Nachbarzimmer hört man eine Teilnehmerin aus unserem Bus über die tolle Aussicht jubeln. Auf Platt.

Unsere 31, meistens plattdeutsch-sprechenden Mitreisenden kommen aus der Gegend von Cuxhaven, Bremerhaven, Stade und Wingst wo auch der Bus stationiert ist. Nur ein immer sehr modisch gekleidetes, nörgeliges Ehepaar mit einem 11 jährigen, voll elektronisch ausgestatteten Enkel stammt aus Bremen.

Wir freunden uns bald mit zwei Schwestern aus Cuxhaven an, beide sind Bäuerinnen, sind Landfrauen und beide helfen noch täglich auf den Milch-Bauernhöfen mit. 200 Kühe sind dort morgens und abends zu melken. Urlaub gibt es für ihre Söhne niemals; höchstens einmal eine Tagesreise nach Helgoland. Später lernen wir noch ein etwas jüngeres Ehepaar aus Bremervörde kennen. Der Mann arbeitet bei der Telekom in Bremen, seine Frau bei einer Umzugsfirma. Beide waren nach der Wende für 1 Jahr nach Leipzig gezogen, um bei der Einrichtung der neuen Telefonverbindungen zu helfen. Beide haben einen freundichen Humor.

10. August. Der Himmel ist wieder blau. Es soll warm werden. Nach dem Frühstück geht es schon um 8 Uhr mit dem Bus nach Martigny. Der historische Mont Blanc Express fährt uns auf gepolsterten Sitzen durch eine beeindruckend schöne Berglandschaft bis nach Chamonix. Der Mont Blanc zeigt sich bei diesem klaren Wetter in seiner ganzen Pracht! Nach einer Mittagspause in Chamonix geht es mit dem Bus weiter nach Genf. Genf ist Sitz des Internationalen Roten Kreuzes, der UNO und zahlreicher bedeutender multinationaler Gesellschaften. Wir sehen besonders viele Muslime mit ihren verschleierten Frauen und den Kindern spazieren gehen.

An der französischen Uferseite des zauberhaften Genfer Sees entlang erreichen wir dann mit dem Bus Evian-les-Bains, wo wieder eine Besichtigungspause vorgesehen ist. Evian ist vor allem wegen seines Mineralwassers berühmt und reich geworden. Nach einem Gang an der Seepromenade mit besonderen Bäumen (auch ein Mammutbaum ist darunter) fahren wir zurück nach Villars.

11. August. Um 8.45 Uhr starten wir mit dem Bus wieder über die zahlreichen Serpentinen hinunter nach Montreux. Montreux erinnert uns an die Fahrradtour mit Joachim, als wir nach strömendem Regen völlig aufgeweicht in das feine 4 Sterne Hotel gepatscht kamen, wo sich gerade wegen des Festivals teuer gekleidete Filmschauspieler aufhielten. Diesmal sehen wir auch noch das Wasserschloss Chillon.

Im 19. Jahrhundert durchgeführte Ausgrabungen beweisen, dass der Felsen von Chillon bereits während der Bronzezeit bewohnt war. Die Felseninsel, auf der später das Schloss erbaut wurde, diente aber nicht nur als natürlicher Schutz, sondern auch als strategischer Punkt zur Kontrolle der Passage zwischen Nord- und Südeuropa.
Die Geschichte des Schlosses kann in drei Hauptperioden eingeteilt werden: Das Savoyer Zeitalter (12. Jhd. bis 1536) Das Berner Zeitalter (1536 bis 1798) Das Waadtländer Zeitalter (seit 1798)

Auch ein Gedicht von Lord Byron „Der Gefangene von Chillon“ bezieht sich auf dieses Wasserschloss.

Mittags geht es über eine gewundene Straße hinauf nach Gruyeres, das wir auch bereits vor Jahren bei unserer Fahrradtour besucht hatten. Besonders berühmt ist dieser kleine mittelalterliche, malerische Ort wegen seines Käses. Außerdem gibt es eine besondere Süßspeise, „Framboise Crème“ – eine dicke Sahnecreme mit Himbeeren, die wir seinerzeit genossen hatten und darum jetzt wieder bestellen.

Weiterfahrt über Chateau-d’Oex nach Gstaad, einem noblen Wintersportort mit ebenfalls horrenden Preisen. (1 Kugel Eis für 4 Franken.)

Vor unserer Abfahrt im Golden Pass Classic auf der spektakulärenTrasse nach Montreux geraten wir in ein heftiges Unwetter mit Starkregen, Gewitter – und Hagelschauern. Da wir pünktlich um 17.53 Uhr am Bahnhof abfahren müssen, kommen wir in Zeitnot. Zum Glück schenkt uns eine reizende Bankangestellte einen rettenden Regenschirm aus dem „Depot der Bank“!

12. August. Um 8.15 fahren wir bei strahlendem Wetter durch das Rhonetal über Sion-Wallis-Brig wo die erste Paßstraße bereits im 17. Jhd errichtet wurde. Unter Napoleon wurde die Transitachse über den Simplon weiter ausgebaut und befestigt. Gegen Ende des 19. Jhds folgte dann der Eisenbahnanschluss, der 1906 nach der Eröffnung des Simplontunnels das Wallis für die übrige Schweiz und für Italien leichter zugänglich machte.

In Oberwald erwartet uns die Furka-Dampfbahn und führt uns durch ein wunderschönes Alpen-Gebiet zum Furka-Scheitelpunkt, gegenüber dem Rohnegletscher, wo auch die Rhone entspringt. (Nach dem Rhonegletscher erhielt der Glacier-Express seinen Namen!)

In diesem tollen historischen Dampf-Zug wird Michael zu einem behinderten jungen Mann geholt, der sich den Daumen in der Zugtür eingeklemmt hat. Der Daumen ist nicht gebrochen und ein Verbandkasten befindet sich im Zug…Aus Dankbarkeit bekommt Michael am Ende der wunderschönen Fahrt zwei Flaschen Schweizer Wein geschenkt. Alle Mitarbeiter der Furka-Dampfbahn arbeiten übrigens ehrenamtlich und sind sehr freundlich und begeistert.

Nach einem gemeinsamen Fußweg geht unsere Fahrt in Realp mit der Matterhorn-Gotthard-Bahn weiter bis Andermatt. Von da aus fährt uns der Glacier-Express über den Oberalppass nach Disentis. Hier wartet schon der Bus und bringt uns hinauf nach Laax, wo wir in einem freundlichen Hotel untergebracht sind.

13. August. Unsere Heimfahrt beginnt um 8.55 Uhr. Bald zeigt das Busthermometer 34 Grad Hitze. Der Himmel ist wolkenlos und wir haben noch einmal eine gute Sicht auf die Berge. Die Fahrt geht über Chur, Bad Ragaz, an Liechtenstein vorbei – nach Österreich (Vorarlberg) Bregenz, dann über Ulm und viele Baustellen, Pausen und Staus bis zur Autobahnraststätte Allertal. Von hier aus werden wir von Klaus und Sabine Föge über Verden nach Bothel gefahren. Als wir ankommen ist es kurz vor 21 Uhr.

Alles im Haus ist o. k. ! Joachim hat die Blumen gegossen und die Katzen gefüttert. Und die glückliche Polly dürfen wir auch noch schnell abholen.

J. A.