Opern

Tannhäuser in Bremen

1. Wagners Tannhäuser

Die Handlung dieser romantischen Oper in drei Akten setzt sich aus mehreren mittelalterlichen Sagen, sowie aus späteren Texten  zusammen:

Tannhäuser, ein Minnesänger auf der Wartburg, gerät auf einer Pilgerreise in den Zauberberg der Göttin Venus. In ihrem Zauber vergisst er seine ritterlichen Pflichten und erliegt der irdischen Lust.

Des Zaubers schließlich überdrüssig, kehrt er nach Jahren wieder auf die Wartburg zurück. Nachdem er jedoch die sinnlichen Reize der Venus genossen, erscheint ihm die von den Rittern besungene platonische Liebe zu schal.

In einem Sängerwettstreit, kommt es darum zum Eklat, als er sich über die gepriesene Minne seiner Sängerfreunde lustig macht. Schließlich vergisst er sich in diesem Streit so weit, dass er vor der entsetzten Menge seine ausschweifenden Erfahrungen im Venusberg hochpreist.

Damit aber erregt er nicht nur die Abscheu und den Zorn der Menge, sondern verletzt auch tief die scheu ihn liebende Landgräfin Elisabeth. Ihr Schmerz erst öffnet ihm die Augen über seine Verirrung.

Er wandelt darum noch einmal nach Rom, um vom Heiligen Vater die Vergebung seiner Sünden zu erlangen. Doch, da er im Venusberg mit höllischen Mächten verbunden war, kann auch der Papst ihm keine Absolution erteilen. Erst Elisabeths treue, reine und opfervolle  Liebe vollbringt das Wunder der Erlösung.

2. Tannhäuser in Bremen

In der modernen Inszenierung von Tobias Kratzer wird die Erzählung der Oper in  eine zumindest logisch nachvollziehbare Geschichte umgekrempelt. Kratzer verlegt die Handlung zuerst in die linke Terror-Scene der 68er Jahre und dann nach heute.

Bei einem Banküberfall einer maskierten Bande unter Führung der Anarchistin Venus wird eine Frau erschossen. Der als Clown beteiligte Tannhäuser, löst sich erschüttert von der Gruppe.

Wie durch ein Wunder gerät er schließlich an die Wartburg, wo er seine alten Freunde trifft. Gerade soll ein  Sängerwettstreit stattfinden und Tannhäuser wird mit eingeladen.

Auch hier kommt es durch seine Verhöhnung der besungenen reinen überirdischen Liebe zum Eklat.

Erst durch Elisabeths Schmerz erkennt der Spötter seine eigene Schuld und Schwäche. Reumütig zieht er mit einer Pilgergruppe nach Rom, um vom Papst die  Absolution zu erbitten.

Am Ende der Oper sieht man Elisabeth auf einem Bahnhof warten. Man wird dabei an den Bahnhof von Bad Kleinen erinnert, auf dem vor einigen Jahren der ehemalige Terrorist Wolfgang Grams erschossen worden ist.

Hier ist es Tannhäuser, der auf dem Bahnhof von Bad Kleinen aufgespürt wird. Im Kugelhagel der GSG 9 sterben Elisabeth und Venus. Während der unerlöste Sünder  durch unzählige auf die Bühne stürmende kleine Clowns – oder Narren? errettet wird.

Auch wenn man Tobias Kratzer ein gewisses Einfühlungsvermögen in die Geschichte nicht absprechen kann, so gibt es doch auch in seiner Inszenierung Schwächen. Die größte scheint mir dabei zu sein, dass auch er dem Publikum keine eigene Phantasie, kein eigenes Begreifen und Einfühlen auf Wagners wundervolles Opernmärchen zubilligt.

Musikalisch dagegen war hier ein großer Opernabend zu erleben:

Mit einem starken beweglichen Chor, einem perfekten Orchester unter dem Dirigat von Markus Poschner und mit herausragenden Sängern. Vor allem zu erwähnen wäre der betörend schöne Bariton des Wolfram von Eschenbach (Martin Kronthaler), der klare Sopran der Elisabeth (Patricia Andress), der verführerisch warme Alt der Venus (Julia Rutigliano) wie auch ein sich im letzten Akt bis zur Verzweiflung steigernder Tenor des Tannhäuser (Heiko Börner).

J. A.