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Erinnerungen – Kapitel 16

Ein Grundstück für das neue Elternhaus

Es kam nicht oft vor, dass unsere Eltern sich vor uns stritten. Wenn sie sich einmal uneinig waren oder wenn sie etwas besprechen wollten, gingen sie in schnellen Schritten um den Ort herum. Der Wind wehte ihnen um die Ohren, der Regen störte sie nicht bei ihren Diskussionen. Gewöhnlich kamen sie dann wieder geläutert, vereint und gut gelaunt nach Hause.

In diesem letzten Sommer aber, es muss 1959 oder 1960 gewesen sein, hörte man die Beiden auch daheim oft zanken. Der Streit ging um ein verlorenes Grundstück, das in der Pentenrieder Siedlung lag. Ein großes schönes Gelände mit einem freien Blick zum Unterbrunner Wald hin. Vatis Bruder, Onkel W., hatte ihnen den Tipp gegeben. Das Bauland war sehr günstig zu bekommen.

Doch irgendwoher kam dann die vertrauliche Information, dass die Gemeinde Krailling keine Baugenehmigung mehr für dieses Grundstück erteilen würde!

Enttäuscht gaben die Eltern das Stückchen Land wieder zurück.Um kurz darauf zu erfahren, dass die Fläche doch noch bebaut werden darf. Darum stritten sie sich immer wieder neu, wer Schuld an dieser voreiligen Rückgabe hätte.

Aber auch wir Kinder waren damals traurig.Wir hatten uns schon eigene Beete auf dem weiten Gelände abgesteckt. Und ausgemalt, was dort an Blumen und Gemüse wachsen würde.

In diese schlechte Laune hinein, kam endlich noch ein zweiter Tipp des vorübergehend gekränkten Onkels: Es gäbe noch ein letztes Grundstück in der Siedlung zu kaufen. Es sei viel kleiner als das erste. Aber wenn wir nicht ganz blöd wären, würden wir uns darum bewerben!

Das neue Grundstück lag am Kreuzlinger Forst. Wir Kinder kannten das Gelände nur zu gut! Denn es war genau der Ort, wo einmal unsere Himmelstanne gestanden hatte. Der Baum, an dem sich Kinder etwas wünschen konnten… Längst aber war dieser alte hohe Riese vom Sturm gefällt worden.

Und trotzdem schien er unsere Wünsche auch jetzt zu erfüllen. Denn meine Eltern erhielten, unter mehreren Bewerbern das begehrte Grundstück, auf dem bald unser neues Haus entstehen sollte.

Die neue Heimat, das Elternhaus.

J. A.