Auf einem langen Weg
Ein Buch von Gudrun Pausewang
Gudrun Pausewang war uns vor allem durch ihre autobiografische Erzählung „Rosinkawiese“ bekannt. Ihre zauberhafte Geschichte, hat sicher zu der späteren „Landleben – Bewegung“ der 70er und frühen 80er Jahre beigetragen.
Gudrun Pausewang ist 1928 in Wichstadel, heute tschechisch Mladkov, in Ostböhmen geboren. Sie stirbt 2020 in der Nähe von Bamberg. Etliche Jahre verbrachte sie als Lehrerin in Chile, Venezuela und Kolumbien. In ihren Büchern setzt sie sich leidenschaftlich für die Natur, für Menschenrechte und gegen Krieg ein.
So handelt auch das realistisch erzählte Jugendbuch von Kindern, die sich durch ein kriegszerstörtes Land schlagen müssen, um ihre Eltern zu finden. Die beiden Jungen, Werner und Achim, sind erst sechs und zehn Jahre alt.
Beschrieben wird, wie die Adameks in den letzten Kriegstagen des Jahres 1945 Hals über Kopf vor der heran nahenden Front fliehen müssen. Sie wollen nach Glauchau gehen, wo Tante Leni wohnt. Ihre Möbel, das Geschirr, ihre Spielsachen und Bücher und selbst die geliebte Katze müssen sie zurücklassen. Auch der Vater ist nicht dabei, sondern an einem unbekannten Ort im Krieg.
Ein furchtbares Durcheinander erwartet die Familie schon am Bahnhof und in den völlig überfüllten Waggonen. Und die Lokomotive kommt auch nicht sehr weit. Zwei Flieger bombardieren den Zug. Die erste Bombe fällt zwischen dem Haltesignal und dem Bahnhof. Die zweite Bombe trifft die vollbesetzte Bahn. Ein fürchterlicher Schlag und die Wagen werden durch den Luftdruck aus den Schienen gehoben. Sie stellen sich schräg und quer und ihre Fensterscheiben fliegen zwischen die Passagiere in die Abteile. Der sechste Waggon ist ganz zerstört.
Es gibt Tote und Verletzte, Schreie und Jammern, Weinen und Stöhnen und Chaos ringumher. Auch die Mutter ist getroffen und wird von Sanitätern weggetragen. Keiner weiß, wohin.
Ein langer, gefährlicher Weg
Viele Tage lang laufen die Kinder nach Westen. Das einzige, was sie wissen, ist die Adresse von Tante Leni, Glauchau, Kantstraße 4. Dort wollte sich die Familie treffen.
Schrecklich und gruselig, was die kleinen Jungen in diesen Wochen sehen und erleben. Sie wandern und wandern, schlafen in einsamen Scheunen und verfallenen Holzhütten, im Stroh oder auf überdachten Hochsitzen und einmal auf einem Friedhof. Ihre Schuhe haben Löcher, die Füße schmerzen. Ihre Kleidung ist verschmutzt und sie sehen inzwischen wie kleine Strolche aus. Unterwegs treffen sie auf Flüchtlingstrecks und auf Reihen von Gefangenen mit geschorenen Köpfen. Sie sehen zerbombte Häuser und brennende Scheunen aber sie finden auch immer wieder freundliche Menschen, die ihnen weiterhelfen.
Als der kleine Achim mit hohem Fieber liegenbleibt, werden sie von einem Bauernpaar liebevoll gepflegt. „Onkel Karl und Tante Else“ würden sie am liebsten ganz behalten. Aber der zehnjährige Werner drängt, die netten Leute zu verlassen, um weiter nach den Eltern zu suchen. Kurz vor Glauchau treffen sie einen jungen Soldaten aus Breslau, der im Krieg die Beine verloren hat. Er wird von seiner schwangeren Frau auf einem Leiterwagen gezogen. Die junge Frau ist so schwach, dass ihr die Kinder helfen und so ziehen sie zu viert weiter…
Am Schluss gibt es doch noch ein „Happy End“, denn die Kinder finden ihre Eltern.
Nur wir bleiben nachdenklich zurück.
8. Mai 2025
Hier verlief die ehemalige deutsch-deutsche Grenze.
J. A.
P. S. „Auf einem langen Weg“ ist ein spannend geschriebenes, psychologisch stimmiges Jugendbuch, das auch für Erwachsene gut zu lesen ist.
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