Kalkstein, Granit und Turmalin oder auch Bergkristall gehören zu seinen bekanntesten Erzählungen. Bergkristall, diese kleine hinreißende Geschichte von den beiden Kindern, welche in der Weihnachtsnacht in einen schrecklichen Schneesturm geraten und ihren Irrweg unbeschadet überleben ist sogar verfilmt worden. Aber nur Katzensilber soll eigens für diese bunte Steinsammlung geschrieben sein und dürfte allein schon deshalb vielen Stifter-Verehrern der liebste unter den bunten Steinen sein.
Auch heute noch wird Adalbert Stifter – weitgehend unbestritten – als großer Humanist, als Maler, Dichter und Schriftsteller geehrt und gefeiert.
Am 23. Oktober begehen wir die 200. Wiederkehr seines Geburtstags. Viel wird in diesen Tagen noch dazu gesagt werden, manches Lob werden wir noch hören. Über seine feinsinnigen Bilder, seine unvergleichlich originellen Schilderungen einer vertrauten Landschaft oder eines Himmels. Oder über seine manchmal auch fast erschreckenden Betrachtungen sinnbildhaften Naturgeschehens, sowie der liebevollen und weisen Beschreibung von einfachen Schicksalen.
Eine Eigenschaft aber stellt ihn weit über alles Lob hinaus: Sein, aus allen seinen Schilderungen und Betrachtungen zu spürendes Mitgefühl, sein neugieriger aber niemals verletzender Blick auf jene außergewöhnlichen, unzulänglichen, ja draußen stehenden Personen und Begebenheiten in seinen Geschichten. Sein ewiges Anliegen an seine Leser, sich den Schwachen und Behinderten (Turmalin), den Hässlichen und verbitterten (Brigitta), allen Menschen, die am Rande leben zu öffnen, um sich mit Achtung und Mitgefühl dem fremden Schicksal zu nähern. Ganz besonders nah bringt er uns dieses Anliegen in seinen Schilderungen des Fremden in seinen Geschichten. Von dem braunen Romamädchen in „Katzensilber“ oder dem fremden Mädchen, das der Köhlerjunge krank in einem Gestrüpp, wie hingeworfen findet, in „Granit“. Am Schönsten aber wohl in dieser äußerst sensiblen, ja fast märchenhaft gezeichneten Erzählung vom Juden „Abdias“. Dessen menschliches Schicksal, geprägt durch Liebe und eigene Unzulänglichkeit, durch Krankheit und Schuld in einer fast Böcklin- haft gezeichneten Natur, den Mann aus seiner fernen Wüstenheimat bis nach Böhmen verschlägt.
Die daraus hervorgehende Achtung einer höheren Würde in belebten und unbelebten Dingen, besonders aber in allen Menschen, auch jenen, die am Rande oder ganz außerhalb unserer Gemeinschaft stehen, sind die höchste und liebenswerteste Eigenschaft dieses großen Dichters und Humanisten.
In diesem Jubiläumsjahr seines 200. Geburtstages gilt es immer noch einen Stifter zu entdecken der, wie nur wenige seiner Zeitgenossen, mit verstreichenden Jahren immer aktueller wird. Dieser Dichter lehrt uns in seinem zutiefst menschlichen Blick auf die Natur eine Vielfalt zu lieben, in der auch die Menschen, jeder in seiner Art bestehen dürfen.
Bunte Steine – gegen Zeiten des Betons?
2005 geschrieben für eine deutschsprachige Prager Zeitung
2023 etwas gekürzt
Foto 2018 in Prag – im Klostergarten des Hotels – Adalbert im Gelände des Benediktiner-Klosters Braunau – Brevnov
Der Dichter der bunten Steine
Kalkstein, Granit und Turmalin oder auch Bergkristall gehören zu seinen bekanntesten Erzählungen. Bergkristall, diese kleine hinreißende Geschichte von den beiden Kindern, welche in der Weihnachtsnacht in einen schrecklichen Schneesturm geraten und ihren Irrweg unbeschadet überleben ist sogar verfilmt worden. Aber nur Katzensilber soll eigens für diese bunte Steinsammlung geschrieben sein und dürfte allein schon deshalb vielen Stifter-Verehrern der liebste unter den bunten Steinen sein.
Auch heute noch wird Adalbert Stifter – weitgehend unbestritten – als großer Humanist, als Maler, Dichter und Schriftsteller geehrt und gefeiert.
Am 23. Oktober begehen wir die 200. Wiederkehr seines Geburtstags. Viel wird in diesen Tagen noch dazu gesagt werden, manches Lob werden wir noch hören. Über seine feinsinnigen Bilder, seine unvergleichlich originellen Schilderungen einer vertrauten Landschaft oder eines Himmels. Oder über seine manchmal auch fast erschreckenden Betrachtungen sinnbildhaften Naturgeschehens, sowie der liebevollen und weisen Beschreibung von einfachen Schicksalen.
Eine Eigenschaft aber stellt ihn weit über alles Lob hinaus: Sein, aus allen seinen Schilderungen und Betrachtungen zu spürendes Mitgefühl, sein neugieriger aber niemals verletzender Blick auf jene außergewöhnlichen, unzulänglichen, ja draußen stehenden Personen und Begebenheiten in seinen Geschichten. Sein ewiges Anliegen an seine Leser, sich den Schwachen und Behinderten (Turmalin), den Hässlichen und verbitterten (Brigitta), allen Menschen, die am Rande leben zu öffnen, um sich mit Achtung und Mitgefühl dem fremden Schicksal zu nähern. Ganz besonders nah bringt er uns dieses Anliegen in seinen Schilderungen des Fremden in seinen Geschichten. Von dem braunen Romamädchen in „Katzensilber“ oder dem fremden Mädchen, das der Köhlerjunge krank in einem Gestrüpp, wie hingeworfen findet, in „Granit“. Am Schönsten aber wohl in dieser äußerst sensiblen, ja fast märchenhaft gezeichneten Erzählung vom Juden „Abdias“. Dessen menschliches Schicksal, geprägt durch Liebe und eigene Unzulänglichkeit, durch Krankheit und Schuld in einer fast Böcklin- haft gezeichneten Natur, den Mann aus seiner fernen Wüstenheimat bis nach Böhmen verschlägt.
Die daraus hervorgehende Achtung einer höheren Würde in belebten und unbelebten Dingen, besonders aber in allen Menschen, auch jenen, die am Rande oder ganz außerhalb unserer Gemeinschaft stehen, sind die höchste und liebenswerteste Eigenschaft dieses großen Dichters und Humanisten.
In diesem Jubiläumsjahr seines 200. Geburtstages gilt es immer noch einen Stifter zu entdecken der, wie nur wenige seiner Zeitgenossen, mit verstreichenden Jahren immer aktueller wird. Dieser Dichter lehrt uns in seinem zutiefst menschlichen Blick auf die Natur eine Vielfalt zu lieben, in der auch die Menschen, jeder in seiner Art bestehen dürfen.
Bunte Steine – gegen Zeiten des Betons?
2005 geschrieben für eine deutschsprachige Prager Zeitung
2023 etwas gekürzt
Foto 2018 in Prag – im Klostergarten des Hotels – Adalbert im Gelände des Benediktiner-Klosters Braunau – Brevnov
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