Kinderkrankheiten
1. Teil
Der Puppendoktor
Ach lieber Doktor Pillermann,
sehn Sie sich doch mein Püppchen an,
seit Tagen hat es nichts gegessen,
ist immer nur still dagesessen.
Die Arme hängen ihm wie tot,
es will nicht einmal Zuckerbrot.
Ach lieber Doktor, sagt mir ehrlich,
ist diese Krankheit sehr gefährlich?
Madam, sie ängstigen sich noch krank!
Der Puls geht ruhig, Gott sei dank!
Doch darf sie nicht im Zimmer sitzen,
sie muss ins Bett und tüchtig schwitzen.
Geben Sie ihr drei Kiebitzeier ein,
dann wird es morgen besser sein!
Empfehle mich!
von Paula Dehmel 1903*
Wie oft hörten wir als Kinder diese niedlichen Verse von unserer Mutter oder Oma gesprochen, so dass man sie sich bis heute merken konnte. Das Gedicht gehörte, sozusagen, zum „Hausschatz“ der Kinderstube.
2. Teil
Ernster dagegen waren die Erwachsenen, wenn ihre Kinder selber krank wurden!
Immer noch steckte in ihnen eine tiefe Angst aus ihrer eigenen Kindheit. Besonders wenn sie Geschwister durch Kinderkrankheiten verloren hatten. Gute Medikamente waren ja damals noch Mangelware und von wirksamen Impfungen konnten Eltern nur träumen.
Heute gibt es bei uns, durch eine vollwertige Ernährung, bessere Hygiene und vor allem durch unsere fortschrittliche Medizin mit Impfungen, gottlob nur noch selten Todesfälle durch Kinderkrankheiten. Trotzdem sollte man ihre typischen Symptome rechtzeitig erkennen, um helfen zu können!
In einem Buch von 1956 „Ratgeber für junge Mütter“ von Dr. Irmingard Haselmayr**, sind noch die typischen Kinderkrankheiten beschrieben, die ich euch kurz zusammenfassen will.
Die häufigsten Kinderkrankheiten
Keuchhusten, auch Stickhusten genannt, wird durch durch Tröpfcheninfektion über das Bakterium Bordetella pertussis übertragen. Er beginnt nach einem katarrhalischen Anfangsstadium, das schon ansteckend ist. Keuchhusten kann bei Erwachsenen, wie einfacher Husten auftreten, so dass die Großmutter ohne es zu wissen, das Kind anstecken kann. Die Hustenanfälle quälen die Kinder vor allem bei Nacht mit aufeinander folgenden Hustenstößen, mit tränenden Augen und pfeifender Atmung. In besonders schweren Fällen kann es zum Atemstillstand kommen. Fieber tritt selten dabei auf. Keuchhusten dauert 3 bis 6 Wochen.
Dagegen gab es schon bald eine Schutzimpfung!
Diphtherie wird von der Bakterie Corynebacterium diphtheriae übertragen. Die Krankheit macht sich zuerst als blutiger Schnupfen bemerkbar. Bei der Rachendiphtherie sieht man auf den stark geröteten Gaumenmandeln grau-weißliche Beläge. Die Lymphknoten sind geschwollen, das Kind hat Fieber und einen starken Mundgeruch. Es ist schwer krank, mit Luftnot und Würgegefühl. (Würgeengel der Kinder) Gefährlich ist ein ausgeschiedener Giftstoff, der auch andere Organe schädigt. Die Ansteckung erfolgt durch Tröpfcheninfektion. Die Krankheit dauert 3 bis 4 Wochen.
Auch hier gab es schon bald eine Schutzimpfung. Dipththerie ist auch heute meldepflichtig.
Windpocken oder Schafblattern gehörten früher zu den leichteren Kinderkrankheiten, wie man dachte. Der ganze Körper – und oft auch die Schleimhäute sind mit kleinen, linsengroßen roten Flecken befallen, die rasch in juckende Bläschen übergehen. Zu Beginn hat das Kind oft leichtes Fieber. Die Krankheit wird durch Varizell-Zoster-Viren verursacht und dauert 2 bis 3 Wochen. Windpocken sind sehr ansteckend! Übertragen werden können sie sogar durch die Luft, durch den Wind. Wie man heute weiß, sind Windpocken vor allem für Schwangere gefährlich.
Masern hatten früher fast alle Kinder einmal durchgemacht. Oft stellt sich die Krankheit mehr als Erkältung dar. Das Kind sieht verrotzt und verheult aus, es hat oft eine Bindehautentzündung und auf der Wangenschleimhaut zeigen sich am 3. Tag die typischen stecknadelkopfgroßen weißen Flecken. (Kopliksche Flecken). In der zweiten Phase der Krankheit erscheint erst der charakteristische Masern-Ausschlag bei Temperaturanstieg. Er besteht aus roten, gezackten Flecken, die dicht sein können aber immer noch etwas helle Haut sehen lassen. Masern sind eine Viruserkrankung, der Morbilli-Viren, die zu schweren Komplikationen führen kann. Wenn man sie überstanden hat, hinterläßt sie einen lebenslangen Schutz.
Heute gibt es zum Glück eine Masernschutzimpfung.
Röteln. Als „leichter Masern-Anfall“ wurden früher die Röteln gesehen, obwohl es sich bei dem Erreger um ein anderes Virus, das Rubella – Virus, handelt. Der Ausschlag ist leichter und verschwindet nach 3 bis 4 Tagen von selbst. Röteln sind die einzige Kinderkrankheit, „die man im Dunkeln diagnostizieren kann“. Nämlich durch die angeschwollenen Lymphknoten im Nacken. Wie man heute weiß, sind die Röteln nicht so harmlos, da sie in der frühen Schwangerschaft das ungeborene Kind schädigen können.
Eine Rötelnimpfung wird empfohlen.
Scharlach, stellt eine weitere, mit Ausschlag verbundene Infektionskrankheit dar. Scharlach ist eine schwere Erkrankung, hervorgerufen durch ein Streptokokken – Bakterium, mit hohem Fieber, Angina, Schluckbeschweren und Erbrechen. Nach kurzer Zeit zeigt sich dann auch der typische rote Scharlachausschlag, zunächst auf Brust, Rücken und Bauch, sowie an der Innenseite der Oberschenkel. Typisch ist das „Scharlachgesicht“, wo Nase und Kinn, bzw. das Lippen–Kinn-Dreieck frei vom Ausschlag bleiben. Ebenso typisch ist die dicke „Himbeerzunge“.Scharlach konnte früher viele Komplikationen nach sich ziehen, war auch sehr ansteckend und dauerte bis zu 6 Wochen.
Heute gibt es eine sehr gute Schutzimpfung.
J. A.
* Paula Dehmel, geb. Oppenheimer (1862 – 1918) Von ihr stammen viele bekannte Kindergedichte und Kindermärchen
** Kinderärztin Dr. med. Irmingard Haselmayr-Zantl „Erstmals Mutter“, 1956 by Internationaler Universum-Verlag Frankfurt a. M.
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