Joseph Wenzel von Löschner
In jeder Familie gibt es Vorfahren, die einst etwas Ungewöhnliches geleistet haben, die besonders bekannt oder gar berühmt waren und von denen man mit großer Hochachtung, wenn nicht gar mit Stolz erzählt.
Manchmal baut man sich aber auch erst einen solchen Vorfahren auf, macht ihn zum Onkel zweiten Grades, adoptiert ihn sozusagen, ohne den Verwandtschaftsgrad näher beweisen zu können. In diesem Sinne möchte ich heute einen ganz besonderen Menschen vorstellen, einen „Onkel über hundert Ecken“ und erzählen, wie ich zu ihm gekommen bin.
Die Romantik – ein kurzer Ausflug in das königliche Böhmen
Wappen
Viel ist bereits über die Romantik geschrieben worden. Auch, dass sie eine typische Kulturerscheinung im deutschen Sprachraum in der Mitte des 20. Jahrhunders war.
Dichter, wie Eichendorff, Hölderlin, Gottfried Keller, Heinrich Heine fallen einem sogleich ein und wir denken an Carl Maria von Weber und seine Oper „Der Freischütz“.
Jeder kennt auch die herrlich wilden romantischen Berglandschaften die uns Caspar David Friedrich, Carus und viele andere Maler hinterlassen haben.
Aber nur wenige denken dabei, dass diese Landschaftsbilder im damaligen „Königreich Böhmen“ entstanden sind, das schon bei Pirna begann.
Und dass dieses schöne Land, mit seinen basaltischen Kegeln, seinem fruchtbaren Ackerland und seinen Mineralquellen einst durch Vulkanausbrüche entstanden ist.
So verdanken auch alle diese bekannten Kurorte, wie Karlsbad, Marienbad, Franzensbad oder Gießhübel ihre Berühmtheit nur den Wässern, welche aus den tiefen Spalten der vulkanischen Randgebiete quellen.
Dazu gehören aber auch das fruchtbare Ackerland, die reichen Felder, zwischen Eger und Elbe mit den schmucken Städten, wie Pirna, Tetschen und Bodenbach, Aussig, Saaz, Komotau, Kaaden, Flöhau und die vielen Orte dieser einzigartigen Landschaft. Auch die böhmischen Braunkohle Gebiete, wie vielleicht um Dux, wo sich in festgewordenen Magnabecken aus Hochmoor – Torfen die Kohle sich entwickelt hat sind ein Bestandteil dieser Landschaft.
In der Österreichischen Nationalbibliothek bei der Ahnensuche
Als Kind wurde ich manchmal gefragt, ob wir nicht mit dem „Kaadener Löschner“ verwandt seien? Mein Vater meinte, er wisse es leider nicht. Ich solle am Besten meinen Onkel Walter fragen, der hätte sich früher mit Ahnenforschung befasst.
Viel konnte mir der Onkel aber nicht helfen, weil alle seine Unterlagen bei der Vertreibung in Flöhau geblieben waren. Aber einige Tipps erhielt ich trotzdem. Vor allem den Hinweis auf die „Österreichische Nationalbibliothek“ in Wien, wo die Daten von bekannten Menschen aus dem Kaiserreich heute noch aufbewahrt werden.
Dort erfuhr ich dann endlich auch diese erstaunliche Lebensgeschichte eines ganz ungewöhnlichen Menschen und erhielt sogar noch zwei Fotografien und einige Literatur über das Leben und Wirken von Joseph Wenzel von Löschner.
Eine nahe Verwandschaft lässt sich nicht nachweisen
Sie kann sich nur auf einen gemeinsamen Ahnen, in Form des Tschernicher Müllers, Franz Josef Christoph Löschner begründen, der 1739 die Bauerntochter Maria Rosalie Barbara Körbl geheiratet hat.
Sein Sohn, Franz Karl I, 1760 in Tschernich geboren, Müller und Gutsbesitzer und Erbauer der Wodamühle 1792, kommt ebenfalls noch in unserer gemeinsamen Ahnenliste vor. Mit seiner Frau Anna-Maria Josefine Neudörfel, hatte er 8 Kinder.
Ein Sohn wurde Pfarrer in Liebotits, die anderen Nachkommen ließen sich auf verschiedene Mühlensitze in Kaaden, Priesen und eben auch in Flöhau nieder.
Joseph Wenzel Löschner
Der jüngste Sohn, Joseph Wenzel, am 7. Mai 1809 in Kaaden geboren, (Tschernich liegt bei Kaaden) hat mit 2 Jahren schon den Vater verloren.
Es steht nirgends zu lesen, woran Vater Franz Karl I verstorben ist. Aber da im Jahre 1811, ein schreckliches Feuer (aus einer Schmalzsiederei) die ganze Stadt mit 500 Häusern in Schutt und Asche gelegt hat, könnte sein Tod mit diesem Unglück zusammenhängen.
Zu diesem Joseph Wenzel steht im „Biographischen Lexikon des Kaiserthums Oesterreich von 1866 „Löschner, Joseph W. (Arzt und Humanist. Geb. zu Kaaden, einer Stadt im nördlichen Böhmen, 7. Mai 1809) stammt von deutschen Eltern und war schon im 2. Jahr vaterlos. Nach den unteren Schulen ging er nach Prag, wo er die philosophischen und die medizinischen Studien hörte, letztere unter dem in Prag unvergesslichen Krombholz.
Lediglich auf sich selbst angewiesen, hatte L. Während seiner Studien manchen harten Kampf zu bestehen.“
Joseph Wenzel von Löschners Lebenswerk
Nach seiner Promotion 1834, erhielt Löschner zunächst bei dem berühmten Arzt Krombholz eine Assistenten-Stelle am „allgemeinen Krankenhaus zu Prag“. 1837 wurde er zum Bezirksarzt der Altstadt Prag und zum Professor an der Prager Hochschule für „pathologische Anatomie und „Auscultation“ ernannt.
Durch eine schwere Krankheit bedingt, musste er sein Lehramt für 2 Jahre unterbrechen. Eine Wasserkur soll ihn gerettet haben.
Nach seiner Genesung wurde er 1841 zum Dozenten für „Geschichte der Medizin“ an der Prager Hochschule ernannt und begründete zugleich den ersten „Lehrstuhl für Balneologie“ (Bäderkunde) in Europa. Er veröffentlichte zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten und war von 1862 bis 1863 Rektor der Prager Karls Universität.
Mit eigenen Ersparnissen und Spenden eines von ihm gegründeten Freundeskreises, rettete er das marode „Franz-Joseph-Kinderspital“ in Prag und ließ es zu einem Musterkrankenhaus umbauen.
So wurden, laut Lexikon des Kaiserreiches, im Jahre 1849 dort 1060 Kranke, 42 Säuglinge, 300 Kinder bis zum 8. und 385 Kinder vom 8. bis zum14. Jahr aufgenommen und verpflegt. 778 wurden geheilt, 71 blieben „ungeheilt“, 6 sind gestorben und 122 in Behandlung geblieben. Die Behandlung sei trotz inteniver Blattern und Masernepidemien, Luftröhren und Lungendzündungen, Darmkatharren und Typhus meist günstig verlaufen. Die Verpflegungstage betrugen 23.384…
Im Jahre 1850 wurde Löschner mit dem Ritterkreuz des Franz Joseph-Ordens ausgezeichnet. Seither war er „consultierender Leibarzt“ des Kaisers Ferdinand und seit 1848 Ehrenbürger von Prag sowie seiner Geburtststadt Kaaden.
1861 wurde er dann zum Landes Medizinalrat von Böhmen ernannt, bald darauf auch geadelt.
In seiner Vaterstadt Kaaden gründete Dr. von Löschner, der selber einst Halbwaise gewesen war, mit einem Betrag von 3000 Gulden das St. Josef-Waisenhaus.
Joseph Wenzel Freiherr von Löschner verstarb am 19. März 1888 auf Schloss Welchau in Böhmen.
J. A.
- Foto aus der Nationalbibliothek Wien
Literatur
Biograophisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich von Dr. Constant von Wurzbach von 1866
Die Österreichisch-ungarische Monarchie in Wort und Bild – Werk über Böhmen von Kronprinz Erzherzog Rudolph Wien 1894 – 1896
Auszug aus dem Kaadener Heimatbrief von Studienrat i. R. Rudolf Iazak
Mündlicher Bericht von Herrn Architekt Walter Löschner
Übrigens: Kaaden, die Geburtsstadt von Joseph Wenzel von Loeschner heißt seit 1945 Kadan
P. S. Inzwischen konnten wir herausfinden, dass Josef Wenzel Löschner, der späte Sohn aus der zweiten Ehe unseres Ahnen, Franz Joseph Christoph Löschner aus Kaaden war. Seine Mutter war nicht Rosalie, sondern Katharina Löschner.
Hallo, ich bin eine direkte Nachfahrin
Löschner/ Neudörfl.
Ich freue mich riesig dies hier zu lesen und würde mich über einen Kontakt zu Ihnen sehr freuen
Gruß Heike Uhlig
90579 Langenzenn
Liebe Frau Uhlig, ganz herzlichen Dank, ich melde mich in den nächsten Tagen!
Mit freundlichen Ostergrüßen!
Ihre Johanna Amthor