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Ostern – im alten Böhmen und Mähren

Österliche Geschichten aus Böhmen und Mähren

Gerne erzählten uns die Eltern in der Dämmerstunde, wenn in der Ostzone Stromsperre war, aus ihrer Jugend in Böhmen und Mähren. 

In Böhmen

Pitsche-patsche Ostern. Ich komm zu euch schmeckostern. Lasst mich nur in den Taschen suchen, nach einem feinen Pfefferkuchen! – sangen die Kinder in Böhmen am Ostermontag, während sie frühmorgens von Haus zu Haus zogen. Um die Schläfer mit einer bunt verzierten Rute durch einen Klaps aufzuwecken. Vor allem die Frauen und jungen Mädchen waren ausersehen, denn das sollte dem Haus Glück und Fruchtbarkeit bringen. Die kleinen Rutengänger erhielten dafür gefärbte Ostereier und Kuchen.

In Mähren

In Mähren kannte man auch den Brauch des Saatreitens in der Karwoche. Dabei ritten die jungen Bauern mit ihrem Pfarrer um die Felder, um die neue Saat segnen zu lassen.

Wie in vielen katholischen Gegenden, so läuteten auch in Böhmen und Mähren in der Zeit von Gründonnerstag bis in die Ostermette keine Glocken. Die Glocken sind in Rom, erzählt man den Kindern. Dafür wurden besondere Holzinstrumente, die Ratschen,  anstelle von Glocken beim Gottesdienst verwendet.

In der Osternacht gab es dann das Osterwasser, das sich die Mädchen am Dorfbrunnen schöpfen mussten. Nur wenn sie es schafften, bis zum ersten Schluck stumm zu bleiben, konnten sie sich ihren Liebsten wünschen.

Gerne hätten sich die jungen Burschen aber im Dunklen vor der dörflichen Wasserpumpe versteckt, um die Mädchen zu erschrecken und zum Lachen zu bringen.

Das Osterfeuer hat es früher in allen Gegenden gegeben. Ein hoher Haufen von dürrem Holz und Strauchwerk wurde entzündet. In der Mitte ragte eine aufgestellte Vogelscheuche, die als Winter verbrannt wurde.

Neben diesen heidnischen – oder halbheidnischen – Bräuchen, gab es auch noch die christlichen Bittgänge zu Ostern.

Einer dieser Bittgänge hatte sich in Zöptau zugetragen

Zöptau, heute Sobotin, liegt am Fuße des Altvaters, wo der kleine Köhlerbach in die Merta fließt. Durch die Schneeschmelze, kommt es dort oft zu Überflutungen und manche hölzerne Brücke wird vom Eis und von der Strömung zerstört oder gar ganz weggerissen.

Gerade um diese Zeit, zog wieder eine Prozession durch den Ort. Der Mesner schritt als Vorsänger voran. Dahinter kam der Pfarrer mit der Monstranz, gefolgt von den Dorfbewohnern. Die Männer in ihrer sonntäglichen Landestracht, die Frauen mit dicken wollenen Tüchern um Kopf und Schultern. Wegen der kalten Luft, gingen sie eng aneinander gedrängt, wie ein Raupenzug, singend und betend dahin…

Heiliger Johannes der Täufer –

bitte für uns!

Heiliger Josef –

bitte für uns!

Heiliger Laurentius –

in dem Moment bemerkte der Vorsänger das riesige Loch in der hölzernen Brücke! Er musste schnell handeln! Musste die Leute warnen, dass keiner von ihnen in die Lücke fiel! Aber wie sollte er seine Botschaft in diese murmelnde und singende Menge absetzen, ohne eine Panik zu riskieren?

Auf einmal kam ihm eine Idee! 

Und er fuhr fort, in der bekannten kanonischen Tonart zu singen

Ihr Leidln –

gat obacht –

die Brück hat a Luach!

Aber die Pilgersleute kapierten nicht, was der Kantor ihnen mitteilen wollte. Behäbig sangen sie nur seine Worte nach…

Ihr Leidln –

gat obacht –

die Brück hat a Luach!

Und schon stolperten die ersten ins eiskalte Wasser. Das passierte zu Ostern, vor über 100 Jahren.

J. A.

Kirche in Zöptau - Sobotin

Laurentius Kirche in Zöptau – (heute Sobotin)